Überraschung bei Mitliederversammlung in Rendsburg - Buche kaum Effekt für Artenvielfalt

08.10.2024
Forstwirtschaft und Artenschutz
Eine aktuelle Bestandsaufnahme zum Artenschutz im Forst nahm Prof. Ernst-Detlef Schulze vor. Zur großen Überraschung der Anwesend ergaben die wissenschaftlichen Untersuchungen des emeritierten Prof. am Max-Planck-Institut für Biochemie in Jena, dass nur 1 % der Käferarten an Buche vorkommen. Hingegen aber 90 % an Fichte und Hainbuche. Auf die Eiche sind 5% der Käfer angewiesen.
Bei den Blattpilzen kommen bedeutend mehr Arten an Koniferen vor als an Laubbäumen.
Mehr als die Hälfte der zirka 600 Pilzarten ist sogar speziell an Nadelholz gebunden. Nur ca. 63 an die Buche. Bezogen auf ein Fallbeispiel bedeuten dies, dass im Jenaer Wald insgesamt 216 Pilzarten, davon 49 Speisepilze, aussterben, wenn dort die Koniferen verschwinden. Laut dem Gastredner ist Nadelholz also wesentlicher besser für die Artenvielfalt als sein Ruf.
In Bezug auf das Totholz unterstrich Prof. Schulze, dass es nicht auf die absolute Menge an Totholz in unseren Wäldern ankommt, sondern darauf welches Totholz vorkommt.
Einen weiteren großen Effekt auf die Artenvielfalt hat die Bewirtschaftung. Prof. Schulze konnte nachweisen, dass die Artenvielfalt in bewirtschaftet Wäldern höher ist als in stillgelegten. Sofern neben der Bewirtschaftung dann noch verschiedene Eigentumsarten eng gemischt vorkommen steigt die Artenvielfalt zusätzlich.
Bei den Gefäßpflanzen wurde nachgewiesen, dass erstens nur ca. ein Zehntel davon im Wald vorkommt und von diesen keine einzige rote Listen-Art ausgestorben ist.
Im Wald gebe es seit 50 Jahren kein Vogelsterben von einheimischen winterharten Waldvögeln. Als problematisch für die Baumartenvielfalt sind allerdings überhöhte Wildbestände anzusehen, da diese zu Verbuchung der Naturverjüngung und somit mittelfristig der Bestände führen.
Das uneingeschränkte Betretungsrecht der Öffentlichkeit sieht er als Problem. Der Privatwald dürfe kein rechtsfreier Raum sein. Für diese Aussage und für die Forderung das Gesetze sich mit der Nutzung des Waldes durch die Bevölkerung befassen müssen, erntete Prof. Schulze Applaus.
Als Fazit zog Prof. Schulze den Schluss;
Der Wald ist der völlig falsche Adressat für weitere Artenschutzmaßnahmen. Die Stoßrichtung des Naturschutzes und der Stilllegungen steht oftmals im rechtlichen Widerspruch zur Verpflichtung der Arterhalt stehen.
Vorangegangen waren seinem Vortrag die Grußworte der Landtagsfraktionen sowie der Landwirtschafskammer und des Umweltministers.
Umweltminister Tobias Goldschmidt bekannte sich zum Bauen mit Holz und sprach von den Waldbesitzern als Partner beim Klimaschutz. Er kündigte an, den Vertragsnaturschutz attraktiver zu machen und dankte dem Verband in seiner Funktion als Interessensvertretung.
Heiner Rickers, Vorsitzender des Agrarausschusses, CDU, sieht sich an der Seite der Waldbesitzer. Seine Fraktion sieht die entwaldungsfreie Lieferketten kritisch und begrüßt es, dass „das das bürokratische Monster“ verschoben worden ist. Der Grünen-Abgeordnete Dirk Kock-Rohwer lobt den Wald hierzulande. Er stünde verhältnismäßig gut da, er sei schon zum Mischwald umgebaut worden. Dennoch müssen die richtigen Baumarten gepflanzt werden, die auch als Konstruktionsholz genutzt werden können. Sandra Redmann (SPD), stellte die Frage: „Wie gewinnen wir mehr Menschen für den Wald? Die Pflanzaktion „Einheitsbuddeln“ reiche noch nicht. Der Wald hat noch nicht den Stellenwert, den er beispielsweise beim Klimaschutz haben müsste.“ Sie forderte auf, sich zu solidarisieren: „Naturschutz, Jagd und Waldbesitzer müssen sich dringend zusammenschließen, um eine starke Gruppe zu bilden.“ Anders könne man nichts erreichen. Oliver Kumbartzky, FDP, erneuerte seine regelmäßige Forderung: „Das Vorkaufsrecht des Naturschutzes muss weg.“ Es entspricht seiner Meinung nach nicht dem freien Markt.
Im Wald wird über Generationen gedacht
Ute Volquardsen, Landwirtschaftskammerpräsidentin, sprach über den Wirtschaftswald, der nicht zufällig entstanden ist, sondern weil die Vorfahren der jetzigen Besitzer ihre Sache gut gemacht hätten. Im Waldbesitz herrsche eine Grundhaltung, ein Wertesystem, mit gesellschaftlichem Tiefgang. Im Wald zähle der Generationenvertrag. „Aber das System funktioniert nur, wenn der Wald wirtschaftlich bewirtschaftet wird. Dafür steht die Kammer ein, um mit Sachverstand durch die Forstabteilung zu unterstützen,“ so die Frau an der Spitze der landwirtschaftlichen Selbstverwaltung.
Bundeswald- und Lieferkettengesetz
Gut gemeint sei noch nicht gut gemacht, sagt der Vorsitzende zum Bundeswaldgesetz. Die aktuellen Ideen bedeuten eine große Veränderung. Die Unterschiede in den einzelnen Bundesländern würden hervorragend durch unsere föderative Struktur von den Landeswaldgesetzen berücksichtigt. Seiner Meinung sei nur ein Rahmengesetz nötig. „Kein Waldbesitzer muss eingenordet werden, wir haben schließlich das größte Interesse, den Wald gesund zu halten und sind nicht am Klimawandel schuld.“ Gefährlich sei die Idee, Nadelholz zu verbannen. Es würde als nachhaltiger Baustoff benötigt.
Das entwaldungsfreie Lieferkettengesetz der EU (nicht entwalden, um dort Agrarprodukte wie Soja anzubauen oder Rinder zu züchten) wird Länder wie Brasilien nicht beeindrucken. Das Gesetz ist laut Graf zu Rantzau ein Bürokratiemonster. Er befürchtet, dass andere Länder an der EU vorbeimarschieren und die hiesige Wirtschaft das Nachsehen haben könnte. Hart ins Gericht ging der Vorsitzende des Waldbesitzerverbandes mit der geplanten EU-Biodiversitätsstrategie (NRL- Nature Restauration Law), wonach bis zum Jahr 2030 20 % der Fläche ökologische verbessert bleiben sollen. „Das kann nicht funktionieren. Wie soll die steigende Weltbevölkerung ernährt werden und wo sollen die Menschen wohnen?“
Nach diesem politischen Vortrag stellte Geschäftsführer Hubertus Zirkel Haushaltsplan und -abschluß vor. Danach sind die Finanzen hiesigen Waldbesitzerverbandes geordnet und der Vorstand wurde einstimmig entlastet. Ab 2025 soll ein Sonderbeitrag zur Stärkung der Interessenvertretung der Waldbesitzer auf EU-Ebene erhoben werden. Die maßgeblichen Entscheidungen werden dort getroffen.
Nachfolgend begrüßt der Geschäftsführer das Schleswig-Holstein eine Waldstrategie erarbeitet und bedanke sich für die intensive Einbindung des Verbandes durch das MLLEV.
Verbund mit dem Dank äußerte er die Hoffnung, dass das MLLEV Handlungspläne für Katastrophenszenarien ausarbeitet (z.B. vereinfachte Genehmigungen von Wasserlagern, schnelle unkomplizierte Erhöhung von zulässigen Tansportgewichten oder die Bekämpfung von Massenvermehrungen bei Schädlingen).
Hubertus Zirkel betonte, dass die Waldbesitzer bereit sind einen großen Beitrag bei der Refunktionalisierung von Waldmooren, 80 % befinden sich im Eigentümer privater oder kommunaler Eigentümer, zu leisten sofern die aktuell laufenden Verhandlungen mit dem MEKUN sinnvoll in Ziel gebracht werden können. Hierbei sind noch drei Punkte zu Klären:
1. Angemessener Entschädigungszahlung, angelehnt an Ökopunkteverordnung
2. Landeseinheitliche Betrachtung der Entschädigungszahlung als „Echter Zuschuss“
3. Landeinheitliche Betrachtung der Refunktionalisierung vs geschützte Biotope
Fazit
Dem Wald in unserem Bundesland geht es verhältnismäßig gut, was an der Gunstlage zwischen zwei Meeren liegt. Aber auch hier stellen sich die Waldbesitzer auf den Klimawandel ein. Während alle Parteien betonen, wie wichtig das Ökosystem ist, gibt es doch unterschiedliche Meinungen über die Bewirtschaftungsweise. In seinem Vortrag hat Prof. Ernst-Detlef Schulze geschildert, wie artenreich der Wirtschaftswald ist und die Waldbesitzer haben zum Ausdruck gebracht, dass das im Naturschutz oftmals verpönte Nadelhaus zum nachhaltigen Bauen mit Holz benötigt wird, Leistungen für das Gemeinwohl finanziert und die Bürokratie abgebaut werden muss.